Neulermer Goiselknaller
  Bewegung
 
1997 machten Krehl, Engemann und Schwenkel des Ernst Mach Instituts Freiburg wunderschöne Hochgeschwindigkeitsaufnahmen des Peitschenknalls, die mir freundlicherweise von der Fraunhofer Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden sind. Die Untersuchungen wurden an einer Fuhrmannspeitsche durchgeführt.


Unterschallgeschwindigkeit M=0,69 (ca.820km/h)


Schallnahe Gechwindigkeit M=0,85 (ca.1010km/h)


Moment der maximalen Geschwindigkeit M=2,19 (ca.2600km/h)


Starke Verzögerung in der Überschallphase M=1,42 (ca.1687km/h)


Kurz vor dem Verlassen des Überschallbereichs M=1,29 (ca.1532km/h)


Unterschallgeschwindigkeit M=0,6 (ca.712km/h)

Der Schatten auf den Bildern ist eine Überlagerung des vorigen Bildes, dies ist ein Fehler der Kamera. Der weisse Bogen in den Bildern c, d und e soll die Schockwelle verdeutlichen und wurde im nach hinein Eingefügt.

Wie man auf den Bildern schön sieht geht die Schleife auf, also bewegt sich der Besen nicht nur nach rechts, sondern auch nach oben. Dies ist in dem folgenden Diagramm in x (Bewegungsrichtung nach rechts) und y (Bewegungsrichtung nach oben) dargestellt. Die Punkte A bis F sind die Bildaufnahmen von oben mit entsprechendem Buchstaben. Bei c ist wieder die maximal Geschwindigkeit.

Richtig interessant wird es erst bei dem nächsten Diagramm, welches die Geschwindigkeit in vertikaler Richtung und die Zeit in horizontaler Richtung aufgetragen ist. In diesem Diagramm wird gezeigt, dass bei einem Peitschenknall auf einer Länge von 45cm und 850µs (0,00085s) die Geschwindigkeit von 340m/s(ca.1200km/h) auf 744m/s (ca.2680km/h) ansteigt. Dabei sind Beschleunigungen von 500.000m/s² also der 50.000 fachen Erdbeschleunigung zu Gange, doch die Verzögerung durch den Knall ist wesentlich höher mehr als das Doppelte.



Die hohen Geschwindigkeiten und Beschleunigungen setzen natürlich hohe Anforderungen an die Treibschnur.
All diese Untersuchungen zeigten bisher, dass die Geschwindigkeit enorm ist, nur durch was wird diese nach oben hin Begrenzt? Die beiden Amerikaner Goriely und McMillen untersuchten die Peitsche 2002 ein weiteres Mal. Sie stellten ein Numerisches Berechnungsmodell auf, welches erstmals die Verjüngung der Peitsche mit Einbezieht. Das Hauptaugenmerk ist dabei auf die Bewegung der Treibschnur und die Schleifenbewegung gelegt. In dieser Arbeit wird nicht nur das sich verringernde Gewicht, sondern auch die Biegesteifigkeit mit beachtet. 


Als kleines Zwischenergebnis aus der Arbeit von Goriely und McMillen:
Die Peitsche kann bis zum 30fachen der Handgeschwindigkeit erreichen. Dies wird durch ein günstiges Gewichtsabnahmeverhältnis erreicht.
 
Verluste

Begrenzt wird die Geschwindigkeit durch mehrere Faktoren, in welchem Maße hängt von der jeweiligen Bauart der Peitsche ab.

Ein ungewollter Effekt ist der Verlust von Bewegungsenergie durch innere Reibung. Hierbei ist die Reibung gemeint, die das Seil beim umknicken erzeugt. Hörbar ist dies durch knarren der Peitsche beim Bewegen. Dies ist ein Stick Slip Effekt (mehr hier:de.wikipedia.org/wiki/Stick-Slip-Effekt). Auch wenn kein Knarren hörbar ist, Reibung gibt es immer. Sehr gut spürbar ist diese bei der 20 Strick Goisel, welche einen Durchmesser von 8cm an der dicksten Stelle hat.

Um die innere Reibung zu reduzieren gibt es verschiedene Methoden. Wichtig ist es den Durchmesser zu verringern, damit die Äußeren Fasern nicht zu sehr gestreckt oder gestaucht werden müssen bei gleichem Radius. Hierbei ist es natürlich wichtig das Gewicht beizubehalten. Das kann einerseits durch schwereres Material (Bleifüllung bei Bullwhips) oder durch einschmieren mit Pech oder Melkfett geschehen. Melkfett (Vaseline) reduziert weiterhin noch die innere Reibung zwischen den Fasern, reduziert aber auch die Festigkeit. Deshalb ist es beim Goisale nicht empfehlenswert.

Bei der zweiten Methode geht man einen anderen Weg. Man schafft starre Elemente, welche mit Drehgelenken "Reibungsoptimiert" verbunden sind. Diese Art wird, soweit ich weis nur bei den großen Ungarischen Hirtenpeitschen angewendet. Ich glaube aber nicht, dass dies aus Reibungsgründen so ausgestaltet wurde, sondern aus optischen Gründen. Die Starren Elemente sind einfache Holzklötze, die mit Ösen verbunden sind. Damit die Peitsche nicht ruckartig immer von einem Element zum anderen umklappt, funktioniert dies nur im dicken Teil der Peitsche. Dort ist die Schlaufe sowieso groß genug. Diese Holzklötze sind dann mit Lederfranzen überzogen, damit es schön aussieht.

Ein weiterer Verlust tritt durch die Hitzeentwicklung bei Überschallgeschwindigkeit auf. Diese Erscheinung nennt man auch "Hitzemauer". Mehr hierzu gibt es bei Treibschnur zu lesen.

Ebenso gibt es eine Materialbedingte Dämpfung, welche der Bewegung noch weitere Energie entzieht. Diese ist bei den Ledernen Peitschen am Höchsten. Diese sind aber bei den anderen Gesichtspunkten besser als Hanf Peitschen. Die Dämpfung ist nicht nur bei der Biegung, sondern auch bei der Längenausdehnung spürbar. Man kann sich das am einfachsten klar machen, wenn man ein Gewicht als Pendel schwingen lässt. Das wohl verlustärmste Pendel ist das Uhrenpendel, es schwingt immer hin und her und hat nur Verluste am Drehgelenk. Führt man dies als Seilpendel aus (Gewicht an einem Faden aufgehängt). Werden die Verluste immer größer, je kürzer das Seil bei gleichem Durchmesser bzw. das Seil dicker wird bei gleicher Länge. Die Längsdehnung kann man sich auch einfach vorstellen. Dies ist einfach nur eine Masse an einer Feder aufgehängt, die auf und ab schwingt. Je schneller das Gewicht aufhört zu schwingen, desto größer sind die Verluste. Bei Peitschen gibt es hier mehrere Mechanismen bezüglich der Längsdehnung. Bei den Gedrehten kann man dies schön sehen, wenn man an einer zieht will diese sich wieder aufdrehen.

Nicht zuletzt ist auch die Luftreibung ein Verlust Faktor. Im dicken Bereich der Goisel ist dieser wegen der geringen Geschwindigkeit vernachlässigbar. Je weiter man aber zur Spitze kommt, desto höher werden die Geschwindigkeiten. Nachempfinden kann man das, wenn man versucht mit einer Fahne (Handtuch) zu knallen, mit einer Schnur der gleichen Länge und Gewichts gelingt das schon viel einfacher. Da aber jeder Peitschenverlauf (Treibschnur ausgenommen) annähernd rund ist und sich verjüngt, ist dies eher zu vernachlässigen.

Der letzte und auch der eigentlich erwünschte Effekt ist der Überschallknall. Für diesen wird der ganze Aufwand betrieben und für diesen soll auch die meiste eingesetzte Energie (Muskelkraft) übrig bleiben.

Wie groß jetzt die gesamten Verluste prozentual sein können kann schwer bestimmt werden, aber es gibt Spürbare Unterschiede. Was auch klar sein muss, die Verluste betragen auch nur wenige Watt. Doch wenn man betrachtet, dass man auch nur wenige Watt an Muskelkraft(schätzungsweise nicht mal 50W) aufbringen kann, sind diese schon immens.


Schlaufenformen

In dem Video oberhalb sieht man sehr schön eine ganze Schlaufe, diese ist O-Förmig. Bei dieser Schlaufenart sollte die Peitsche sehr genau geführt werden um ein Verheddern der Treibschnur auszuschließen.

Etwas einfacher ist die halbe Schlaufe, diese kann man auch mit einem U vergleichen. Sehr schön in dem unteren Video zu sehen.

Zudem sieht man auch noch das "schlingern", das wir "schnellen" nennen. Dies ist für uns ein Begriff für eine schlechte Goisel. Je weniger eine Goisel schnellt, desto besser ist Sie, denn man benötigt keine Kraft um diese wieder zu beruhigen. Dies kann natürlich auch mit der richtigen Technik weitestgehend ausgeglichen werden. Doch nicht jeder wendet die gleiche Technik an, deswegen liegt dem einen diese Goisel und dem andern liegt sie nicht.

 

 

 
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